Versuch: Metapher - Elemente des Integrativen Modells der Sozialpsychologie und der Quantenphysik

Georg Schömer, Überlingen 2025

Ok, bisschen spacy, aber einfach schön. Im Folgenden werde ich die 19 Elemente des Integrativen Modells der Sozialpsychologie (nach Georg M. Schömer) mit sechs wesentlichen Begriffen aus der Quantenphysik kombinieren. Ziel ist es, Analogiebrücken zu schlagen, um zu verdeutlichen, wie das menschliche Verhalten – insbesondere in sozialen Kontexten – durch diese „quantenphysikalisch inspirierten“ Sichtweisen erweitert oder anders verstanden werden kann. Abschließend werde ich jeweils zwei Beispiele aus der Sozialen Arbeit anführen, um die Überlegungen zu illustrieren. Ein Versuch. Mehr nicht.

Übergeordneter Rahmen

Die sechs Quantenphysik-Begriffe

Die 19 Elemente des Integrativen Modells

Zu jedem Element werde ich die sechs Quantenbegriffe kurz in Beziehung setzen. Danach folgen zwei konkrete Beispiele aus der Sozialen Arbeit (SoAr), um zu veranschaulichen, wie diese Analogien helfen können, Verhalten und soziale Prozesse besser zu verstehen. Beim Lesen einfach gutmütig rangehen.

Analogien zu den Elementen des Modells

1. Motivation

Nutzen für Verhaltensverständnis:

Zeigt, dass Verhalten nicht rein linear erklärt werden kann, sondern dass auch kleinste Impulse oder Resonanzen in der Gruppe starke Veränderungen auslösen können.

Zwei Beispiele aus der Sozialen Arbeit:

  1. Eine Person mit multiplen Problemen entdeckt ein „Motivationsquant“ in Form einer positiven Rückmeldung. Wie beim Quantentunneln gelingt ihr ein Schritt raus aus der Lethargie, den man objektiv kaum erwartet hätte.
  2. In einer Selbsthilfegruppe schaukelt sich Motivation wellenförmig hoch. Die Motivation aller Gruppenmitglieder verschränkt sich gegenseitig: Ein Erfolgserlebnis eines Einzelnen lässt andere mitziehen.

2. Emotionen

Nutzen für Verhaltensverständnis:

Verdeutlicht, warum Emotionen oft nicht eindeutig sind, sondern sich abrupt ändern oder überraschend stark übertragen.

Zwei Beispiele aus der Sozialen Arbeit:

  1. In einer Krisenintervention zeigen Klient:innen häufig widersprüchliche Emotionen (Superposition). Erst im geschützten Rahmen „kollabieren“ sie in Weinen oder Wut.
  2. Bei einer Gruppenberatung „steckt“ eine emotionale Stimmung (z. B. Hoffnung) alle an (Wellen-Teilchen-Dualität). Dank dieser kollektiven Euphorie kann ein Einzelner plötzlich seine Schambarriere durchbrechen (Quantentunneln).

3. Volition (Willenskraft)

Nutzen für Verhaltensverständnis:

Zeigt, dass Willenskraft nicht dauerhaft stabil sein muss, sondern durch minimalste Impulse angeregt oder gehemmt werden kann.

Zwei Beispiele aus der Sozialen Arbeit:

  1. Eine Jugendliche in einem Resozialisierungsprogramm hat mehrfach Pro- und Kontra-Phasen (Wellen). Ein kleines positives Erlebnis (Quant) kippt schließlich ihre Entscheidung, aktiv Arbeit zu suchen.
  2. In einer Wohngruppe beschließt ein Jugendlicher trotz starker Rückschläge (Barrieren) den Abschluss nachzuholen. Die unerschütterliche Willenskraft zeigt sich wie Quantentunneln: gegen alle Wahrscheinlichkeit gelingt der Durchbruch.

4. Kognition

Nutzen für Verhaltensverständnis:

Macht deutlich, dass Denken nicht rein rational-linear abläuft, sondern sprunghafte (quantisierte) und gemeinschaftlich gekoppelte Aspekte enthält.

Zwei Beispiele aus der Sozialen Arbeit:

  1. Bei einer Familienberatung erlebt eine Mutter einen kognitiven „Sprung“ (Quant) und versteht plötzlich die Perspektive ihres Kindes.
  2. Bei der Lösung sozialer Konflikte in einer Wohngruppe kann ein unerwarteter Einfall (Quantentunneln) die Gruppe aus einer gedanklichen Sackgasse führen.

5. Umwelt

Nutzen für Verhaltensverständnis:

Es wird klar, dass Verhalten nicht nur eine Summe von Umwelteinflüssen ist, sondern auch, dass minimale Änderungen große Effekte („Kipppunkte“) erzeugen können.

Zwei Beispiele aus der Sozialen Arbeit:

  1. Ein Jugendzentrum, das viele parallele Angebote macht (Superposition verschiedener Reize), ermöglicht Jugendlichen, sich unterschiedlich inspirieren zu lassen.
  2. Eine Sozialarbeiterin lobt täglich kleine Fortschritte (Quanten). Auch in einer problembehafteten Umgebung „tunnelt“ ein Klient sich heraus, indem er dieses Lob internalisiert.

6. Sinneskanäle

Nutzen für Verhaltensverständnis:

Erklärt, warum unsere Wahrnehmung selektiv und kontextabhängig ist und wie kleine, bedeutsame Reize trotz lauter Umwelt hervortreten können.

Zwei Beispiele aus der Sozialen Arbeit:

  1. In der Arbeit mit traumatisierten Klient:innen nutzt man multisensorische Reize. Die Person erlebt eine „Überlagerung“ (Superposition) von Eindrücken, bevor eine einzelne beruhigende Sinneserfahrung dominiert.
  2. Bei einem Straßenfest gelingt es dem Streetworker dennoch, die Stimme eines Klienten zu „erhören“ – ein Fall von Quantentunneln in der Wahrnehmung.

7. Aufmerksamkeit

Nutzen für Verhaltensverständnis:

Zeigt, dass Aufmerksamkeit nicht kontinuierlich-regelhaft ist, sondern plötzlich umspringen kann und zudem eng mit sozialer Resonanz zusammenhängt.

Zwei Beispiele aus der Sozialen Arbeit:

  1. In einer Gruppenstunde bewegen sich die Jugendlichen zwischen verschiedenen Themen (Aufmerksamkeitsquanten). Plötzlich entsteht ein konzentrierter Moment (Teilchen-Charakter), in dem alle zuhören.
  2. Ein Klient mit ADHS lernt mithilfe einer Betreuerin, seine Aufmerksamkeit auf wichtige soziale Signale zu „tunneln“ (Quantentunneln), anstatt sich von jedem Nebengeräusch ablenken zu lassen.

8. Informationsverarbeitung und Gedächtnis

Nutzen für Verhaltensverständnis:

Erklärt, weshalb Informationsverarbeitung und Gedächtnis weder exakt noch linear sind, sondern sich durch kleine Impulse und soziale Einflüsse sprunghaft verändern können.

Zwei Beispiele aus der Sozialen Arbeit:

  1. In einer Biografiearbeit helfen kleine „Trigger“ (Quanten) den Klient:innen, vergessene oder verdrängte Ereignisse wiederzufinden.
  2. In einer Therapiegruppe führt das gemeinsame Reflektieren von Erlebnissen (Verschränkung der Gedächtnisinhalte) dazu, dass plötzlich ganz neue Details in Erinnerung gerufen werden.

9. Verhalten

Nutzen für Verhaltensverständnis:

Hilft zu erkennen, dass Verhalten nicht ausschließlich deterministisch oder gradlinig abläuft, sondern spontane, ggf. sehr subtile Impulsfaktoren hat.

Zwei Beispiele aus der Sozialen Arbeit:

  1. Ein Klient zeigt plötzlich ein aggressives Verhalten (Teilchen), obwohl zuvor die Stimmung in der Gruppe allmählich gekippt ist (Welle).
  2. Ein Jugendlicher, der eigentlich sehr verschlossen ist, „tunnelt“ unter dem richtigen situativen Impuls durch seine Schüchternheit und meldet sich von selbst zu Wort.

10. Zeit

Nutzen für Verhaltensverständnis:

Erklärt, warum subjektive Zeiterfahrung schwankt, warum „plötzliche“ Veränderungen in letzter Sekunde möglich sind und wieso gemeinsamer Zeitrhythmus wichtig für soziale Harmonie ist.

Zwei Beispiele aus der Sozialen Arbeit:

  1. Ein Klient erlebt in der Therapie, dass die Zeit sehr langsam vergeht (Wellen), während kurze Erfolgsmomente (Teilchen) plötzlich verfliegen.
  2. Bei der Wohnungssuche unter hohem Zeitdruck gelingt es einer Klientin, in letzter Minute doch eine Unterkunft zu organisieren (Quantentunneln).

11. Stärke bzw. Dimensionen

Nutzen für Verhaltensverständnis:

Veranschaulicht, dass die „Quantität“ einer Emotion oder Einstellung nicht statisch ist, sondern sprunghaft variieren und sich in der Gruppe synchronisieren kann.

Zwei Beispiele aus der Sozialen Arbeit:

  1. Ein Mensch mit Depression erlebt eine wachsende innere Stärke (Welle) durch fortlaufende Beratung, bis eine plötzliche Tat diese Stärke manifestiert (Teilchen).
  2. Eine Klientin schafft es wider Erwarten, eine extreme Stresssituation zu bewältigen (Quantentunneln), obwohl sie selbst ihre Belastungsgrenze schon überschritten glaubte.

12. Entwicklung

Nutzen für Verhaltensverständnis:

Gibt Einblick, dass Entwicklung nicht nur kontinuierlich, sondern auch sprunghaft und kontextabhängig läuft, stark verwoben mit Umgebung und Chancen.

Zwei Beispiele aus der Sozialen Arbeit:

  1. In einer Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung zeigt ein Kind, das lange stagnierte, plötzlich einen großen Entwicklungssprung (Quant).
  2. Ein Flüchtlingskind ohne Deutschkenntnisse „tunnelt“ sich in wenigen Monaten zu einer erstaunlichen Sprachkompetenz, weil es intensiv motiviert ist.

13. Selbst

Nutzen für Verhaltensverständnis:

Zeigt, dass Identität weder nur starr noch nur fließend ist, sondern sich in Abhängigkeit von mikroskopisch kleinen „Erkenntnissprüngen“ und sozialen Verschränkungen verändern kann.

Zwei Beispiele aus der Sozialen Arbeit:

  1. Ein Obdachloser findet durch eine kleine Anerkennung (Quant) im Tageszentrum wieder Selbstvertrauen – er sieht sich nun als würdig.
  2. Eine junge Frau, die Opfer von Mobbing wurde, erlebt während eines Empowerment-Workshops einen plötzlichen Durchbruch (Quantentunneln) in ihrem Selbstwert.

14. Wahrnehmung

Nutzen für Verhaltensverständnis:

Erklärt, wie selektiv und kontextabhängig Wahrnehmung ist und warum sich verschiedene Personen ganz unterschiedliche „reale“ Eindrücke verschaffen können.

Zwei Beispiele aus der Sozialen Arbeit:

  1. Bei einer Hausbesuchssituation in einer chaotischen Wohnung „tunnelt“ der/die Sozialarbeiter:in auf kleine Hinweise, die auf Kindeswohlgefährdung schließen lassen.
  2. In einer Beratungsstelle nehmen Klient:innen anfangs nur eine diffuse Atmosphäre wahr. Im Gespräch fokussieren sie dann auf ein konkretes Problem (Wellen-Teilchen-Dualität).

15. Lernen

Nutzen für Verhaltensverständnis:

Zeigt, dass Lernen nicht nur linear und planbar ist, sondern dass minimale Aha-Momente, soziale Einflüsse und Kontextfaktoren große Rolle spielen.

Zwei Beispiele aus der Sozialen Arbeit:

  1. In einem Alphabetisierungskurs erleben Teilnehmende teils zähe Fortschritte (Welle), aber auch plötzliche Aha-Effekte (Teilchen).
  2. Ein junger Migrant „tunnelt“ sich durch die sprachliche Barriere, indem er intensiv Alltagssituationen nutzt, obwohl formale Lernmethoden anfangs nicht greifen.

16. Kommunikation

Nutzen für Verhaltensverständnis:

Veranschaulicht, warum Missverständnisse (Superposition) entstehen, wie sich Stimmungen in Gruppen (Wellen) übertragen und wie schon ein einziger Satz große Änderungen auslösen kann.

Zwei Beispiele aus der Sozialen Arbeit:

  1. Bei der Mediation zwischen zwei Konfliktparteien kann ein kleines, klärendes Wort (Quant) eine große Veränderung bewirken.
  2. In der interkulturellen Sozialarbeit „tunneln“ sich Fachkräfte durch sprachliche Hürden mithilfe von Gestik, Mimik und Empathie.

17. Attribution

Nutzen für Verhaltensverständnis:

Erklärt, warum wir oft keine eindeutig richtigen oder falschen Ursachenzuschreibungen haben, sondern dass sie sprunghaft wechseln und sozial geprägt sind.

Zwei Beispiele aus der Sozialen Arbeit:

  1. Ein Klient macht sich lange selbst Vorwürfe (internale Attribution). Eine kleine Erfolgserfahrung (Quant) reicht aus, um diese Sicht teilweise zu verändern.
  2. Bei einer Gruppendiskussion „verschieben“ Teilnehmende wechselseitig die Attribution von internal zu external (Verschränkung), bis gemeinsam eine neue Deutung gefunden wird.

18. Biologische Grundlagen

Nutzen für Verhaltensverständnis:

Zeigt, dass biologische Grundlagen weder allein determinieren, noch beliebig sind – kleinste Veränderungen auf chemischer Ebene können Verhalten stark beeinflussen.

Zwei Beispiele aus der Sozialen Arbeit:

  1. In der Arbeit mit Menschen mit Hirnverletzungen zeigt sich, dass trotz deutlicher Defizite kleine Impulse (Neurotransmitter-Quanten) große Lernfortschritte ermöglichen.
  2. Ein Jugendlicher mit ADHS kann durch gezieltes Training „Wellenmuster“ des Gehirns (Neurofeedback) beeinflussen und somit Verhalten steuern.

19. Kultur

Nutzen für Verhaltensverständnis:

Verdeutlicht, dass Kultur aus vielen kleinen Elementen besteht, die sich gegenseitig beeinflussen, und dass das Individuum auch in scheinbar strikten Traditionen Lücken für Innovation finden kann.

Zwei Beispiele aus der Sozialen Arbeit:

  1. In einem interkulturellen Kinderprojekt vermischen sich verschiedene Brauchtümer (Superposition). In einer bestimmten Situation (Weihnachtsfeier) „kollabiert“ dann eine spezifische gemeinsame Feierkultur.
  2. Ein Jugendlicher aus einer traditionellen Familie „tunnelt“ sich hin zur hippen Jugendkultur, indem er Musik und Kleidung neu kombiniert – trotz Widerstands aus der Herkunftskultur.

Kurzes Fazit: Chancen und Grenzen („Pro und Kontra“)

Pro-Argumente (Chancen, Stärken, Potenziale)

  • Heuristischer Wert und Erkenntnisgewinn: Regt zu neuem Denken über Nicht-Linearität, Wechselwirkungen und Emergenz an.
  • Integration von Mikro- und Makroebene: Verbindet individuelle psychische Prozesse mit sozialen und kulturellen Dynamiken.
  • Förderung interdisziplinären Denkens: Schlägt Brücken zwischen Physik, Psychologie, Philosophie und Sozialer Arbeit.
  • Didaktischer Nutzen: Macht abstrakte psychologische Prozesse visuell und intuitiv nachvollziehbar.
  • Motivations- und Praxisbezug: Stärkt Hoffnung und Handlungsspielräume, da auch kleinste Impulse („Quanten“) Wirkung entfalten können.
  • Philosophischer Tiefgang: Berührt Grundfragen von Realität, Wahrnehmung, Beobachtung und Bewusstsein.

Contra-Argumente (Risiken, Grenzen, mögliche Missverständnisse)

  • Gefahr der Übermetaphorisierung: Physikalische Begriffe könnten fälschlicherweise als ontologische Wahrheiten missverstanden werden.
  • Verlust wissenschaftlicher Präzision: Eine zu freie Verwendung physikalischer Begriffe kann den theoretischen Gehalt verwässern.
  • Unklare Operationalisierbarkeit: Quantenmetaphern sind nicht messbar oder überprüfbar, ihr Nutzen ist vor allem konzeptionell.
  • Akzeptanzprobleme im akademischen Diskurs: Könnte als „spekulativ“ oder „pseudowissenschaftlich“ wahrgenommen werden.
  • Grenze zwischen Symbolik und Erklärung: Die Metapher könnte fälschlicherweise als Erklärung statt als Denkanstoß dienen.
  • Vermischung von Beobachtungsebenen: Die Rolle des Beobachters in der Quantenphysik ist nicht direkt auf die Sozialpsychologie übertragbar.

Kleines Fazit für mich: „Die Stärke dieser Analogie liegt nicht in ihrer physikalischen Präzision, sondern in ihrem erkenntnistheoretischen Mehrwert: Sie ermutigt, Verhalten als Feld von Wahrscheinlichkeiten und Resonanzen zu denken – nicht als lineare Kette von Ursachen und Wirkungen.“

Gesamtaussage

Das Integrative Modell der Sozialpsychologie bietet ein umfassendes Rahmenkonzept menschlichen Verhaltens. Die quantenphysikalisch motivierten Denkfiguren eröffnen dabei eine zusätzliche, metaphorische Betrachtungsebene:

Diese Analogien sind keine naturwissenschaftlichen Erklärungen, sondern heuristische Modelle, die helfen, psychisches und soziales Geschehen als probabilistisch, kontextabhängig und dynamisch zu verstehen.

Eine Frage stellt sich mir aber. Wenn Verhalten eine Funktion von Person und Umwelt ist (Lewin): Was gilt in diesem Rahmen als Impuls—inneres Erleben, äußeres Ereignis oder empirisch operationalisierte Messgröße? Und wer zieht diese Grenze: die Beobachtenden, die Betroffenen oder die wissenschaftliche Gemeinschaft? Eine Einladung zum Weiterdenken.

Georg Schömer, Diplompsychologe, Hochschuldozent.
schoemer@web.de


Das Psychoton (hypothetische und heuristische Betrachtung)

Bezüglich Informationsverarbeitung, Selbst, … , und Bewusstsein ein weiterer etwas abgehobener Gedanke. Einfach crazy? Na und. Eine Idee.

Das Integrative Modell der Sozialpsychologie von Georg Schömer (DIMODDES) lässt sich als psychologische Entsprechung zu dem begreifen, was die moderne Physik mit der Quantengravitation anstrebt: den Versuch, unterschiedliche Erklärungsebenen in ein übergeordnetes, nicht-reduktionistisches Gerüst zu integrieren. Während die Physik die Allgemeine Relativitätstheorie, die die makroskopische Struktur von Raumzeit und Gravitation beschreibt, mit der Quantenmechanik der subatomaren Welt zu vereinen sucht, führt Schömer in der Psychologie biologische, emotionale, kognitive, soziale und kulturelle Perspektiven in einem metatheoretischen Rahmen zusammen, der ausdrücklich pluralistisch und heuristisch angelegt ist. In beiden Fällen geht es nicht um die Ersetzung bestehender Paradigmen, sondern um ihre Koordination innerhalb eines umfassenderen, dynamischen Systems.

In dieser Hinsicht ist der Vergleich zwischen dem hypothetischen Graviton der Physik und einem möglichen „Psychoton“ im psychologischen Denken mehr als nur ein sprachliches Spiel. Das Graviton steht für die Idee eines elementaren Vermittlers von Anziehungskräften im physikalischen Universum, einer bislang nicht empirisch nachgewiesenen, aber theoretisch notwendigen Größe, um die Gravitation in die Quantenwelt einzubetten. Übertragen auf das psychische Geschehen könnte das „Psychoton“ als metaphorische Denkfigur dienen – als kleinste Einheit psychischer Energie oder Bewusstseinsaktivität, die die Wechselwirkungen zwischen Wahrnehmung, Emotion, Motivation und Kognition trägt. Es beschreibt kein reales Teilchen, sondern eine symbolische Ebene, die das Zusammenwirken innerer und äußerer Kräfte in der Psyche sichtbar macht.

Im Sinne des DIMODDES wäre dieses Konzept klar im Ideengeber-Modus verortet. Es erfüllt die gleiche Funktion, die Schömer seinem Modell zuschreibt: ein heuristisches Werkzeug zu sein, das neue Perspektiven eröffnet, ohne empirische Ansprüche zu erheben. Das „Psychoton“ erlaubt es, Bewusstsein als dynamisches Feld zu denken, das die verschiedenen Faktoren des Modells – etwa biologische Grundlagen, Aufmerksamkeit, Emotion, Motivation oder Kommunikation – energetisch miteinander verknüpft. Diese Feldmetaphorik entspricht der psychophysischen Tradition Gustav Theodor Fechners, der bereits im 19. Jahrhundert mit seiner Psychophysik die Brücke zwischen der Welt der Reize und der Welt der Empfindungen zu schlagen suchte. Fechner zeigte, dass sich subjektives Erleben mathematisch in Beziehung zur objektiven Reizintensität setzen lässt, und er vertrat mit seiner „Tagesansicht“ des Panpsychismus die Vorstellung einer durchgängig beseelten Natur.

Schömers integratives Modell kann diese beiden Denklinien – die empirisch-messbare Psychophysik und die metaphysische Idee einer universellen Innerlichkeit – aufnehmen, ohne sie zu verwechseln. Die Psychophysik findet ihren Platz in den Faktoren Wahrnehmung, VAKOG, Aufmerksamkeit und Biologische Grundlagen; der Panpsychismus dagegen gehört, als kulturelle und ideelle Perspektive, in die ideengebende und kommunikative Ebene des Modells. Damit wird das Modell zu einem Resonanzraum zwischen Physik, Psychologie und Philosophie: Es akzeptiert, dass Bewusstsein und Materie zwei Seiten einer komplexen Wirklichkeit sind, deren Einheit wir zwar nicht messen, wohl aber beschreiben, interpretieren und erfahrungsnah strukturieren können.

Für Psychologen und philosophische Physiker eröffnet sich damit ein konstruktiver Zugang: Das DIMODDES kann als theoretische Landkarte verstanden werden, die die psychischen, biologischen und symbolischen Dimensionen menschlichen Erlebens ähnlich integriert, wie eine künftige Quantentheorie von Raumzeit und Energie die physikalischen Dimensionen der Welt vereinen will. Beide Ansätze zeigen, dass Erkenntnis dort entsteht, wo disziplinäre Grenzen durchlässig werden – nicht durch Vermischung, sondern durch reflektierte Integration. Das „Psychoton“ steht in diesem Sinn nicht für eine neue Entität, sondern für den Versuch, den elementaren Impuls des Bewusstseins zu denken: als kleinste, noch nicht messbare, aber erfahrbare Schnittstelle zwischen Energie, Information und Sinn. Bewusstsein!

Lieben Gruß
G. Schömer
schoemer@web.de

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